Neue Landschaftspläne im Rurtal

Von Michael Straube

„Was lange währt, wird endlich gut“, heißt es im Sprichwort. Wirklich alles gut geworden ist nicht in den Landschaftsplänen, aber der NABU Heinsberg ist froh, wenn diese letzten Landschaftspläne im Kreis Heinsberg nach langer Planungszeit und vielen, teilweise unnötigen Verzögerungen endlich in Kraft treten. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses liefen die letzten Absprachen zu den Plänen. Im Dezember 2015 wurden sie verabschiedet und im Frühjahr 2016 sind sie in Kraft getreten.

 

Landschaftspläne dienen vereinfacht gesagt der Gestaltung von Natur und Landschaft außerhalb der Geltungsbereiche von Bebauungsplänen. Sie setzen Natur- und Landschaftsschutzgebiete fest, schützen markante Einzelbäume und besondere Lebensräume und sie geben Ziele für die künftige Entwicklung der Landschaft vor. Insbesondere handelt es sich auch um die Umsetzung des Schutzes europäisch geschützter Gebiete (FFH- und Vogelschutzgebiete) in nationales Recht, weiter darum, den landesweiten Biotopverbund lokal in Form zu gießen.

 

Die beiden nun verabschiedeten Landschaftspläne (LP) waren die letzten offenen im Kreis. Sie umfassen das Rurtal von der Kreisgrenze bei Hückelhoven-Rurich bis Ratheim (LP III/8  Baaler Riedelland und obere Rurniederung) und von Wassenberg-Luchtenberg bis zur Bundesgrenze bei Effeld (LP II/4 Wassenberger Riedelland und untere Rurniederung). Die Pläne weisen erstmals Naturschutzgebiete (NSG) im Rurtal aus. Im Einzelnen sind dies die NSG:

 

  • Obere und Untere Ruraue (zusammen 546ha) als durchgehender, aber teilweise nur schmaler Streifen entlang der Rur
  • Haller Bruch (Ratheim, 8ha)
  • Mühlenbach/Millicher Bach (47ha)
  • Absetzbecken Doverack/Millich (11ha)
  • Teichbachaue/Himmericher Bruch (23ha)
  • Kapbusch (90ha)
  • Baggersee Großkünkel (78ha)
  • Doverener Bruch (27ha)
  • Am hintersten Berg (lichter Laubwald bei Doveren mit Hasenglöckchen, 9ha)
  • Effelder Waldsee (26ha)
  • Rothenbach/Effelder Wald (89ha)
  • Schaagbachtal (191ha)
  • Birgeler Bach/Birgeler Pützchen (29ha)
  • Kitscher Bruch/Kirchhovener Bruch (194ha)
  • Lago Laprello Nord (35ha)
  • Myhler Bruch (49ha)

Blick auf den Effelder Waldsee - ein überregional bedeutendes Rastgebiet für Bläss- und Saatgänse und Brutgebiet u.a. von Eisvogel und Haubentaucher (Foto: M. Gellissen)

Als Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen werden u.a. die Bergehalden in Hückelhoven, der ornithologisch sehr bedeutsame ehemalige Baggersee Adolfosee in Ratheim und andere alte und laufende Abgrabungsgewässer in Hückelhoven und Wassenberg (wie die Ophovener Seen), weiter die Wurmniederung, Ophovener, Effelder und Birgeler Wald sowie Teile der Rurtals, der Teichbachaue, des Effelder Waldsees und der Lago Laprello Südsee in Ergänzung zu den o.g. Naturschutzgebieten.

Blick in die renaturierten Flächen in der Teichbachaue (Foto: G. Rütten)

Die wichtigsten Kritikpunkte der Naturschutzverbände an den Plänen wurden nicht verändert, u.a.:

 

  • Von den im Regionalplan für den Regierungsbezirk Köln dargestellten Bereichen zum Schutz der Natur wurden nur 42 % als NSGs ausgewiesen.
  • Viel zu kleines NSG Teichbachaue, zu schmaler NSG-Korridor entlang der Rur
  • Kein Ausreichender Schutz von Brut- und Rastvögeln auf dem Effelder Waldsee vor der zunehmenden Nutzung durch Freizeiteinrichtungen (Amici Bay mit Wasserskianlage) und Sportfischer. Der Bestand überwinternder arktischer Gänse ist hier in den letzten Jahren drastisch eingebrochen, in anderen Gewässern nicht.
  • Zu wenig Schutz von Alt- und Totholz

 

Im Gegensatz dazu wurde Kritik von Seiten der Landwirtschaft und Waldbesitzer zu einem bedeutenden Teil umgesetzt und führte zu einer nicht nachvollziehbaren Verkleinerung der Naturschutzgebiete. Entlang der Wurm wurden gleich gar keine NSG-Flächen ausgewiesen, der wichtige Adolfosee nicht als NSG. Der NABU fürchtet bei aller Freude über die Pläne und Hochachtung vor allen, die für die jetzt noch ausgewiesenen Flächen gekämpft haben, dass aufgrund fehlender Schutzgebietsausweisungen Chancen für eine künftige naturnahe Entwicklung von wertvollen Teilen der Landschaft vertan worden sind. Die gut dokumentierte Entwicklung der Teichbachaue zeigt das Potential dieser Landschaft. Mit einfachen Maßnahmen wurden hier Intensiväcker auf feuchten Niedermoorböden in Grünland umgewandelt und mit mehreren Kleingewässern „veredelt“ (s. Foto). Innerhalb kürzester Zeit entwickelte sich hier ein Vorzeigebiotop ohnegleichen im Kreis Heinsberg. Zahlreiche seltene Vogelarten brüten hier wieder mit mehreren Paaren. Feldlerchen und Kiebitze erreichen hohe Brutdichten und zeigen seit Jahren, dass die Teichbachaue kein geeigneter Standort für Intensivlandwirtschaft ist, sondern in höchsten Maße naturschutzwürdig. Das sagen - zumindest hinter vorgehaltener Hand - auch Vertreter der Landwirtschaft. Im großflächig mit sehr guten Böden gesegneten Kreis Heinsberg macht es auch wirtschaftlich kaum Sinn, auf leichten oder nassen Böden intensiven Ackerbau zu betreiben. Hier könnte die Landwirtschaft ihr grünes Herz zeigen und Mensch und Natur etwas vom dem zurück geben, was sie ihnen in den letzten Jahrzehnten auf fast 100 % ihrer Nutzflächen genommen hat. Die Natur holt sich auch immer wieder einen Teil zurück, wenn sich der nasse Charakter der Teichbachaue zeigt und etwa Schilf statt Ackerfrüchten mitten im Acker wächst und Felder aufgrund der Bodennässe nicht zu ernten sind.

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