Vogel des Jahres 2015: Der Habicht (Accipter gentilis)

Der Habicht - Vogel des Jahres 2015. Foto: Peter Kühn
Der Habicht - Vogel des Jahres 2015. Foto: Peter Kühn

Der NABU und der Landesbund für Vogelschutz (LBV), haben den Habicht (Accipter gentilis) zum „Vogel des Jahres 2015“ gewählt. Kein anderer Greifvogel ist so wie er der illegalen Verfolgung ausgesetzt, obwohl die Jagd auf den Habicht in Deutschland seit den 70er Jahren verboten ist.


Aussehen

Der 50 bis 60 Zentimeter große Habicht ist ein kräftiger Greifvogel mit kurzen gerundeten Flügeln und einem relativ langen Schwanz. In der Größe ist er mit einem Bussard vergleichbar, wobei der Habicht kräftiger aussieht und im Flug gut an seinem langen Schwanz zu erkennen ist. Die breiten und relativ kurzen, abgerundeten Flügel sind bei erwachsenen Tieren grau gefärbt. Die Unterseite ist hell mit schmalen, schwarzen Querstreifen gebändert oder „gesperbert“. Typisch sind der helle Überaugenstreif und die gelb bis orange gefärbte Iris. Bei älteren Habichten steigert sich die Farbe bis ins Rubinrote. Junge Habichte tragen ein graubraunes Gefieder. Ihre Unterseite ist

nicht gesperbert, sondern zeigt ein Tropfenmuster. Männchen und Weibchen unterscheiden sich vor allem in ihrer Statur. Wie bei den meisten Greifvögeln sind weibliche Tiere deutlich größer und schwerer. Durchschnittlich werden sie 60 Zentimeter lang und 1130 Gramm schwer. Ihre Partner dagegen erreichen 53 Zentimeter Körperlänge und sind mit circa 850 Gramm fast um ein Drittel leichter. Auch die Flügelspannweite hilft bei der Bestimmung des Geschlechts: Weibchen kommen im Durchschnitt auf 115 Zentimeter, die Männchen auf nur 100 Zentimeter.


Geschickter Jäger

Oft jagen Habichte von einem versteckten Ansitz, manchmal aus einem niedrigen Suchflug heraus.

Nur selten kann man ihn auch bei der Jagd im Sturzflug beobachten. Sein scharfer Blick hilft ihm, seine Beute über weite Entfernungen zu entdecken. Kaum hat er sie erspäht, spurtet er rasant los und überwindet Hindernisse wie ein fliegender Hürdenläufer. Äußerst geschickt


nutzt er dabei jede Möglichkeit in Deckung zu bleiben. Der Habicht bevorzugt fast ausschließlich lebende Beute. Nur bei knappem Nahrungsangebot frisst er auch Aas. Grundsätzlich frisst er das, was in seinem Revier zahlreich vorkommt. So kann sich die jeweilige Hauptbeute von Revier zu Revier durchaus unterscheiden. Der Habicht holt sich auch mal ein Haushuhn oder eine Reisetaube. Hauptnahrung sind aber die wildlebenden Ringel- oder Stadttauben sowie Krähen, von denen es ausreichend viele gibt. Daher zieht es den Habicht in vielen Gegenden auch vom Waldbewohner in städtische Parks und Friedhöfe. Auch wird er dort weniger vom Menschen verfolgt.


Rasanter Schnellstarter

Der Körperbau des Habichts ist perfekt an schnelle Kurzstreckenflüge angepasst: Seine kraftvolle Muskulatur macht ihn zum überlegenen Schnellstarter. Kurze Flügel und ein langer Schwanz verleihen ihm eine besondere Wendigkeit, so dass er auch im dichten Unterholz jagen kann. Bei der Jagd wechseln sich mehrere rasche und kräftige Flügelschläge mit Gleitflugphasen ab. Nur selten kreist ein Habicht mit gefächerten Schwanzfedern über seinem Revier. Ein häufig kreisender Greifvogel ist der Mäusebussard, der mit langen breiten Flügeln und kurzem Schwanz besser dafür ausgestattet ist.


Fortpflanzung

Habichte paaren sich im Spätwinter, bei günstigen klimatischen Bedingungen schon im November und Dezember. Mit etwas Glück ist in dieser Zeit ihr spektakulärer Balzflug zu sehen: Atemberaubende Sturzflüge und schroffe Wendungen bieten ein einmaliges Naturschauspiel. Gerade in ausgedehnten Waldgebieten ist die Balzzeit eine gute Gelegenheit, Habichte „live“ zu erleben, da die scheuen Jäger sonst selten zu entdecken sind.

Hat sich ein Habichtpaar gefunden, baut es

seinen Horst in der Astgabel eines hohen Baumes. Entweder wird dabei ein neuer angelegt oder ein bestehender aufgestockt. Sogar während der Jungenaufzucht arbeiten die Habichteltern weiter an ihrem Zuhause. Ältere Horste können deswegen bis zu einem Meter hoch werden und 130 Zentimeter Durchmesser erreichen. Die meisten Paare richten sich in ihrem Revier mehrere Wechselhorste ein, zwischen denen sie von Jahr zu Jahr umziehen. Im Normalfall brüten Habichte ab dem dritten, selten schon ab dem zweiten Lebensjahr. Brüten in einem Gebiet besonders viele junge Habichte, spricht dies für eine ungewöhnlich hohe Sterblichkeit der Altvögel und damit für eine aktive Verfolgung dieser Art. Von Mitte März bis April legt das Weibchen drei bis vier Eier. In der Größe vergleichbar mit Hühnereiern, haben sie einen blassen Grünton. Nach etwa 27 bis 39 Tagen schlüpfen die Jungvögel und machen bereits nach knapp zwei Wochen die ersten Stehversuche im Nest.




Arbeitsteilung bei Pflege des Nachwuchses

Das Männchen versorgt die ganze Familie bis zu drei Wochen allein mit Nahrung, während das Weibchen den Nachwuchs betreut. Sie selbst geht erst wieder auf die Jagd, wenn ihre Jungen keinen Schutz vor Kälte, Nässe und Feinden mehr brauchen. Ist das Gefieder der Jungvögel ausgewachsen, endet die so genannte Nestlingszeit. Mit 40 bis 45 Tagen sind die jungen Habichte flugfähig, halten sich jedoch zunächst in Horstnähe auf. In dieser Phase, der Ästlingszeit, füttern Habichte ihre Jungen weiterhin bis zu vier Wochen. Im Laufe des Sommers löst sich der Familienverband schließlich auf: Die Jungvögel verlassen im Alter von zwei bis drei Monaten das Revier ihrer Eltern.



Habichtpartner bleiben ein Leben lang zusammen und sind sehr reviertreu. Außerhalb der Brutzeit werden sie jedoch wieder zu Einzelgängern.

 

Rufe

Außerhalb der Brutzeit sind Habichte kaum zu hören. Während der Balz ab Februar ertönen am Nest sowie bei Störungen erste 

längere “kja-kja-kja ...“-Rufreihen, die mehrere hundert Meter weit reichen. Mit einem kurzen „gjak“ oder „gjik“ verständigen sich Habichtpaare untereinander.

 

 

Vorkommen und Bestand

Wer Habichte beobachten möchte, braucht Geduld – führt der meist scheue Waldvogel doch häufig ein eher verstecktes Leben. Oft ist er nur für Sekunden während seiner Jagdflüge zu sehen. Habichte mögen abwechslungsreiche Landschaften. Strukturreiche alte Laub- und Nadelwälder stellen den ursprünglichen Lebensraum des Habichts dar. Für den Bau ihrer Nester bevorzugen sie hohe, alte Bäume in größeren Nadel- und Mischwäldern. Der geschickte Flieger jagt im Wald, auf Feldern sowie in offenen Landstrichen- Hauptsache, Hecken oder Gebüsche bieten genügend Deckung. Entgegen seinem Ruf als scheuer Bewohner ausgedehnter dichter Wälder ist der Habicht eigentlich anpassungsfähiger Opportunist. Inzwischen hat er nämlich entdeckt, dass es sich auch im Trubel der Städte gut leben lässt. Das Nahrungsangebot ist das ganze Jahr über gesichert, gibt es hier doch eine große Zahl von Straßen- und Ringeltauben, Krähen oder Elstern. Vor allem aber droht ihm kaum Gefahr durch menschliche Verfolgung. Besiedelten Habichte bis in die 1970er Jahre zunächst nur Randgebiete von Städten, rückten sie in den nachfolgenden Jahrzehnten immer dichter an die Stadtzentren heran. Der nationale Bestand wird im neuen deutschen Brutvogelatlas ADEBAR auf 11.500


bis 16.500 Brutpaare geschätzt. Somit leben etwa sieben bis acht Prozent des gesamteuropäischen und sogar gut zwanzig Prozent des EU-Bestandes bei uns. Vor allem das Nordwestdeutsche Tiefland und die Mittelgebirge sind dicht besiedelt. Verbreitungslücken finden sich in sehr waldarmen Gegenden, zum Beispiel in der Magdeburger Börde oder an der Nordseeküste. Im Durchschnitt werden in Deutschland etwa sechs Brutpaare auf 100 Quadratkilometern gezählt. Ursprünglich war der Habicht ein häufiger Brutvogel in Deutschland. Vermutlich nahmen die Bestände seit dem 16. Jahrhundert mit der Verfolgung des Habichtsals „Konkurrent“ um das Niederwild ab. Nach 1945 stiegen die Bestände aufgrund der kriegsbedingten Jagdruhe bis Anfang der 1950er Jahre an, gingen jedoch nach Wiederaufnahme der Jagd erneut zurück. Durch Einführung einer ganzjährigen Schonzeit – zunächst im Osten, später im Westen Deutschlands – erholten sich die Bestände seit den 1970er Jahren vielerorts wieder. Die Bestandsentwicklung des Habichts ist damit wie ein Spiegel, welcher den jeweiligen Grad der Verfolgung durch den Menschen zeigt. Derzeit sind die Bestände in Deutschland zwar nicht flächendeckend gefährdet: Nur in Bayern steht der Habicht momentan als gefährdet auf der Roten Liste, in Brandenburg und Nordrhein-Westfalen auf der Vorwarnliste. Die Ampel steht jedoch keineswegs auf grün! Lokal verschwindet der Habicht aus manchen Gebieten oder ist im Vergleich zu ähnlichen Gegenden unerklärlich selten.



Verbreitung

Das Verbreitungsgebiet der Habichte erstreckt sich wie ein breiter Gürtel von Europa quer durch das nördliche Asien bis nach Nordamerika. Der europäische Bestand wird auf 185.000 Brutpaare geschätzt; genaue Zahlen zum Weltbestand


Habicht-Jungvogel im Buchholzer Wald / Foto: Ph. Koch
Habicht-Jungvogel im Buchholzer Wald / Foto: Ph. Koch

sind jedoch nicht verfügbar. Ob Norwegen oder Türkei: Nahezu ganz Europa ist von Habichten besiedelt. Nur in Irland sowie den waldfreien Tundren und Steppengebieten ist diese Art nicht heimisch. Innerhalb unseres Kontinents sind Habichte aber keineswegs gleichmäßig vertreten: Etwa siebzig Prozent der europäischen Habichtpaare siedeln östlich der derzeitigen EU-Grenze, vor allem im europäischen Teil Russlands.

 

 

Gefährdung

Jeder „Vogel des Jahres“ ist Botschafter für ein aktuelles Naturschutzproblem. Beim Habicht ist es die illegale Verfolgung von Greifvögeln in Deutschland. Abgeschossene, vergiftete oder gefangene Habichte sind nach wie vor trauriger Alltag, obwohl die Jagd auf ihn seit den 1970er Jahren verboten ist. Es gibt immer noch einzelne Jäger, die ihn als Konkurrenten bei der Jagd auf Hasen und Fasane sehen. Auch bei Geflügel- und Taubenzüchtern ist der Habicht besonders unbeliebt. Von 2004

bis Mitte 2014 sind bundesweit mehr als 680 Fälle illegaler Greifvogelverfolgung



Durchforstung als weitere Gefährdungsursache

Eine weitere Gefährdung stellt die zunehmend intensive Durchforstung zu allen Jahreszeiten dar, so dass die in den Wäldern brütenden Habichte gerade im März/April nicht die nötige Ruhe für eine Brut finden.


Düsseldorfer Erklärung gegen Greifvogelverfolgung

Das Landesumweltministerium, die nordrhein-westfälische Ornithologengesellschaft, der Landesjagdverband NRW, die Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt sowie die Umweltschutzverbände BUND und NABU haben Ende August 2005 eine gemeinsame Erklärung zum Schutz von Greifvögeln unterzeichnet. Obwohl heimische Greifvögel das ganze Jahr unter Schutz stehen, werden sie illegal geschossen, vergiftet, in Fallen gefangen oder ihre Nester werden zerstört. Bei einigen Arten, insbesondere beim Habicht und Rotmilan, drohen Bestandsrückgänge oder sind bereits gebietsweise festgestellt worden. Mit der „Düsseldorfer Erklärung gegen illegale Greifvogelverfolgung in NRW“ sprechen sich alle Beteiligten geschlossen gegen dieses illegale Töten aus und wollen den Greifvogelschutz intensivieren.

Quelle + Literatur: NABU-Jahresvogelbroschüre „Der Habicht – Vogel des Jahres 2015“, Hrsg.

NABU + LBV. (Bezug: www.nabu.de/shop)

dokumentiert worden. Dabei wurden mindestens 1.130 Greifvögel und Eulen gefangen, verletzt, getötet, abgeschossen oder in ihren Bruten gestört. Dabei muss von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden. „Illegale Greifvogelverfolgung ist kein Kavaliersdelikt“. NABU und LBV fordern, dass entsprechende Straftaten systematisch erfasst, aufgeklärt und angemessen geahndet werden. Dafür müssen speziell geschulte Einheiten und Koordinationsstellen bei der Polizei und den Naturschutzbehörden der Länder in allen Bundesländern eingerichtet werden. Als Vorbild ist hier die Stabsstelle zur Bekämpfung von Umweltkriminalität in Nordrhein-Westfalen zu nennen. Seit 2005 widmet sie sich unter anderem der Eindämmung illegaler Greifvogelverfolgung. Die im Umweltministerium angesiedelte Einrichtung arbeitet intensiv mit den Polizeibehörden zusammen, um eine konsequente Strafverfolgung zu ermöglichen. NABU und LBV haben als Signal gegen die illegale Greifvogelverfolgung gemeinsam mit dem Komitee gegen den Vogelmord eine bundesweite Meldeaktion gestartet. Aktuell aufgestellte Fallen, vergiftete oder angeschossene Greifvögel können ab sofort unter der Telefonhotline 030-284984-

1555 gemeldet werden. Unter dieser Nummer bieten Experten Hilfe beim Erkennen, Dokumentieren und Anzeigen illegaler Aktivitäten. Darüber hinaus werden auch zurückliegende Fälle illegaler Greifvogelverfolgung erfasst.


Greifvogelverfolgung: Aktuelle Fälle in NRW

Um die Bevölkerung für das Thema „Greifvogelverfolgung“ zu sensibilisieren veröffentlicht der Verein „Komitee gegen Vogelmord e.V.“ in regelmäßigen Abständen

Pressemitteilungen und Dokumentationen über besonders schlimme Fälle. (Internet:

http://www.komitee.de/)


Vogel des Jahres

Seit 1971 küren LBV und NABU jährlich den „Vogel des Jahres“ und damit die ersten Naturschutzorganisationen in Deutschland, die durch die jährliche Ausrufung eines Kandidaten auf die Gefährdung der Tiere und Lebensräume aufmerksam gemacht haben. Auswahlkriterium ist die Gefährdung der Art oder ihres Lebensraums. Vorträge, Exkursionen und Ausstellungen begleiten ein Jahr lang die Schutzmaßnahmen für den Vogel des Jahres.

Übersicht: NABU-Jahresvögel von 1971-2014

 

2015 Habicht
2014 Grünspecht
2013 Bekassine
2012 Dohle
2011 Gartenrotschwanz
2010 Kormoran
2009 Eisvogel
2008 Kuckuck
2007 Turmfalke
2006 Kleiber
2005 Uhu
2004 Zaunkönig
2003 Mauersegler
2002 Haussperling
2001 Haubentaucher
2000 Rotmilan
1999 Goldammer
1998 Feldlerche
1997 Buntspecht
1996 Kiebitz
1995 Nachtigall
1994 Weißstorch
1993 Flussregenpfeifer
1992 Rotkehlchen
1991 Rebhuhn
1990 Pirol
1989 Teichrohrsänger
1988 Wendehals
1987 Braunkehlchen
1986 Saatkrähe
1985 Neuntöter
1984 Weißstorch
1983 Uferschwalbe
1982 Großer Brachvogel
1981 Schwarzspecht
1980 Birkhuhn
1979 Rauchschwalbe
1978 Kranich
1977 Schleiereule
1976 Wiedehopf
1975 Goldregenpfeifer
1974 Mehlschwalbe
1973 Eisvogel
1972 Steinkauz
1971 Wanderfalke

Vogel des Jahres 2023 Das Braunkehlchen

Fledermäuse im Kreis Heinsberg

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